Geografie - Der Rhein zwischen Bingen und Koblenz

Loreley Bei Mainz wendet sich der Rhein aus der Nordrichtung nach Westen, ehe er sich bei Bingen in das enge Durchbruchstal durch das Rheinische Schiefergebirge zwängt. Im Laufe von Jahrmillionen fraß der Strom den heute 200-300m tiefen Graben in das sich mit Unterbrechungen hebende plateauartige Gebirge.
Das Felsental war schon zu Zeiten der Römer wichtige Verkehrsader zu Wasser und zu Land. Von ihnen lernten die Bewohner den Bau von Befestigungen und vor allem den Weinbau an den sonnigen Hängen. 32 deutsche Kaiser und Könige zogen auf ihrem Weg von der Wahl in Frankfurt zur Krönung in Aachen am Mittelrhein entlang und zeigten sich den Anwohnern. Schiffer und Flößer steuerten mühsam den Strom hinunter, ständig bedroht durch Strudel und Klippen. Dafür mussten die zu Lande reisende Kaufleute Räuberbanden fürchten. Mit dem Bau der zahlreichen Burgen wuchs die Sicherheit der Handelsstraße, doch verlangten die Beschützer Gegenleistungen in barer Münze. Zu den aus eigener Machtvollkommenheit erhobenen Abgaben kamen die als kaiserliches Lehen zumeist an die vier rheinischen Kurfürsten vergebenen Zölle, sodass die Kaufleute allein auf der Rheinstrecke zwischen Bingen und Koblenz bei zehn Zollstellen bezahlen mussten. Kein Wunder, dass es Streitigkeiten gab und mancher Burgenbesitzer in den Ruf eines Raubritters kam. Dieses Unwesen blühte vor allem zur Zeit der kaiserlichen Machtlosigkeit im 13. Jahrhundert, ehe Kaiser Rudolf von Habsburg nach 1273 durch die Zerstörung der Raubnester am Rhein wieder für Ordnung sorgte.

Die Burgen, ursprünglich zur Beherrschung der Besitzungen errichtet, dienten auch der Sicherheit der angrenzenden Siedlungen. Manche Burg war gleichzeitig Residenz eines Landesherrn und sicherte Handwerkern, Fischern, Bauern und Winzern ein bescheidenes Einkommen. Durch die Verbesserung der Feuerwaffen verloren die Burgen im 16. Jahrhundert ihre Bedeutung. Nur wenige, wie die Rheinstein und die Ehrenbreitstein, baute man zu Festungen aus. Viele andere verfielen, weil die Adeligen sich wohnliche Schlösser im Tal errichten ließen und dienten Dieben und Räuberbanden als Schlupfwinkel. Die restlichen Burgen fielen den französischen Truppen Ludwigs XIV. und Napoleons zum Opfer. Lediglich die Marksburg blieb aus der Zeit des Mittelalters erhalten.
Goethes Rheinreise 1774 leitete das Zeitalter der Romantik ein. Mit Beginn des 19. Jahrhunderts entwickelte sich das Rheintal zum Anziehungspunkt für Touristen aus vielen europäischen Ländern. Das plötzlich erwachte Interesse an den überlieferten Ruinen führte zur Sicherung des Baubestandes und zu ihrem Wiederaufbau ab 1825. Heute können die meisten besichtigt werden und beherbergen Restaurationsbetriebe oder Museen. Neben einer Vielzahl von Burgen prägen liebenswerte alte Städtchen, umrahmt von wehrhaften Mauern, Türmen und Toren, ehrwürdige Kirchen mit kunstvollen Grabdenkmälern und schmucke Winzerdörfer mit sonnigen Weinbergen zwischen schroffen Felswänden das Bild. Jahr für Jahr zieht es Millionen von Gästen an den romantischen Mittelrhein, der besonders zwischen Rüdesheim und Koblenz mehr Burgen aufzuweisen hat als irgendeine andere Landschaft der Welt.

Geologie

Das heute so imposante UNESCO Welterbe ist geologisch gesehen noch relativ jung: Die Dinosaurier waren bei seiner Entstehung schon ausgestorben. Allerdings entstanden die Vorläufer des Rheins noch zu einer Zeit, in der der Mensch noch nicht unseren Raum besiedelt hatte. Es herrschte ein subtropisches Klima, so wie es heute Urlauber am Mittelmeer vorfinden. An den Ablagerungen kann man heute noch ein sogenanntes „Vallendarer Fluss-System“ vor 35 Millionen Jahren rekonstruieren, das Zuflüsse von Osten und Westen hatte und schließlich nach Norden in ein Meer entwässerte. Der erste eigentliche Rheinvorläufer war der Bohler Rhein vor 30 Millionen Jahren, der schon wie der heutige Rhein von Süden nach Norden floss. Vor 15 Millionen Jahren gab es dann schon zusätzlich den Oberrhein. Allerdings floss der Rhein durch eine sehr ebene Landschaft. Eine erste Hebung folgte erst vor 2,5 Millionen Jahren und ein erstes bis zu fünf Kilometer breites noch relativ flaches Rheintal entstand. Vor 700 000 Jahren begannen parallel zu einer schleichenden Klimaverschlechterung auch die stärkere Hebung des Rheinischen Schiefergebirges und damit ebenfalls die verstärkte Eintiefung des Rheins. Die Hebung fand nicht konstant statt, sondern erfolgte in Schüben. Je nach Klima, ob nun eine Eiszeit vorherrschte oder eine Warmzeit, hatte das natürliche Auswirkungen auf den Fluss. Er führte in der Kaltzeit vermehrt Schotter, während er in der Warmzeit eher sein Bett eintiefte. So entstanden verschiedene Terrassenniveaus. Fachleute sprechen von der Hauptterrasse (am höchsten liegend), Mittelterrasse und von der Niederterrasse im Tal. Im Rheintal selbst ist die Hauptterrasse kaum zu sehen, denn sie liegt schon oben auf den Höhen des Westerwaldes, der Eifel oder des Hunsrücks. Die Mittelterrasse ist dagegen oft für den Rheinreisenden gut zu erkennen, denn sie liegt so günstig, dass man sie im Mittelalter gerne dazu benutzt hat, Burgen darauf zu errichten. In dem engen Tal sind diese Terrassen aber oft nicht sehr breit. Der Mensch hat diese Entstehung des Rheintals noch miterlebt, genauso wie den Vulkanismus, der die Hebung des Gebirges begleitete. Noch heute erhebt sich das Gebirge und der Rhein gräbt sich bis zu einem Zentimeter pro Jahr weiter in das Schiefergebirge ein.

Orte, Burgen, Schlösser und Festungen am Rhein